Das Theaterstück Mnenon – Eine Rezension von Paula Schultz Q1
Im Rahmen des Philosophieunterrichtes gab es am 25.1.2024 eine Exkursion der Philosophie Gk1/2 der Q1 zur Werkstattbühne Bonn zum Theaterstück „Mnemon“. Dieses beschäftigt sich mit den „Mnemon“ (den „Merkern“), inszeniert von Simon Solberg/Ensemble, welche das Wissen der Menschheit sammeln und aufbewahren. Dabei setzt sich das Theaterstück auf kreative Art und Weise mit philosophischen Themen wie „Bin ich mein Gehirn?/Was definiert das Ich?“, „Haben wir einen freien Willen? “ und „Wie denken wir? “, auseinander:
Das Theaterstück wird kontinuierlich von drei Personen gestaltet, die „Merker“, welche in Schränken sitzen und verschiedenen Aktionen nachgehen. An der Bühnengestaltung fällt auf, dass diese aus einer Leinwand in der Mitte und verschiedenen, eher altmodischen Möbeln besteht, wie einer Standuhr. Zudem befinden sich drei Pulte mit jeweils drei Stühlen im Zentrum der Bühne. Während die Personen sich noch in den Schränken befinden, werden von einer Stimme aus dem Off verschiedene philosophische Fragen, wie „Was macht Ihr sein aus?“ und „Wie würden Sie sich beschreiben? “, gestellt. Danach kommt es zu einem überraschenden Schockmoment, da die Darsteller plötzlich aus den Schränken stürzten und sich an die Pulte setzen.
Den Zuschauern wird erklärt, dass die „Merker“ dafür verantwortlich sind das wichtigste Wissen der Menschheit aufzubewahren. Allerdings stellt sich heraus, dass sich keiner der Personen an das „wichtige Wissen“ der Menschheit erinnern kann, da es einfach zu viele Informationen gibt, die uns tagtäglich beschäftigen. Damit wird zum ersten Thema des Theaterstücks übergeleitet, die Konfabulation, also das „falsch erinnern“ des Menschen.
Schon ab dem Zeitpunkt wird klar, dass hier insbesondere das Gehirn in seiner Funktion und seinem Anteil am Ich hinterfragt wird, da auch wissenschaftliche Experimente, auch in Bezug auf den Bereich Neuroplastizität, angeführt werden. Am Beispiel dieses Wortes lässt sich gut die abwechslungsreiche Handlung des Theaterstücks aufzeigen, da eine Darstellerin das Wort erklärt und dabei mit dem Publikum auf schon fast lustige Art und Weise interagiert. Diese macht nämlich eine Art körperliches Signal (ein Blubbern mit den Lippen), wodurch die Zuschauer wieder an die Bedeutung dieses Wortes erinnert werden sollen.
Im weiteren Verlauf der Handlung kann man diese Abwechslung, wodurch man keine Sekunde Langeweile verspürt, an vielen, teils verrückten mit Musik unterstrichenden Darstellungen erkennen. Diese lenken jedoch nie von der eigentlichen Fragestellung ab und sorgen für eine kurze, für jeden verständliche Erklärung von komplexer Wissenschaft und philosophischen Themen. Ein Beispiel dafür wäre die Beeinflussung von uns durch alte Denkmuster, was mit einer Situation auf dem Weihnachtsmarkt auf eine unterhaltsame Art dargestellt wird. Die Musik wandelte sich dabei in eine weihnachtliche, die Lichter wurden rot und grün und einer der Darsteller streute falschen Schnee.
Auch lässt sich besonders positiv die Wandlungsfähigkeit der Darsteller hervorheben, welche immer wieder in verschiedene Rollen schlüpfen, wie die eines Wurmes oder einer Oma, was die Abwechslung der Handlung noch weiter unterstützt. Während der Handlung wird dabei auch immer wieder versucht Bezüge zu unserer heutigen Gesellschaft zu ziehen und Kritik an der scheinbaren „Abstumpfung“ der Menschen zu üben. In einer Szene beispielsweise wird die Funktion unseres intuitiven Systems 1 und unseres für mental anspruchsvollere Aufgaben zuständiges System 2 erklärt. Dabei wird am Beispiel der empathischen Reaktion eines kleinen Kindes auf einen Obdachlosen durch System 1, welche durch das Elternteil unterdrückt wird, aufgezeigt. Dadurch wird dem Zuschauer deutlich gezeigt, wie eine empathische Regung durch kognitives Erklären und Denken unterdrückt wird, wodurch immer mehr Empathie verloren geht.
Am Ende des Theaterstückes wird dann noch einmal die Frage des Zusammenspieles unseres materiellen Körpers und immateriellen Geistes aufgeworfen, wobei festgestellt wird, dass wir wahrscheinlich nie verstehen werden, wer wir genau sind und wie wir denken. Schließlich wird ein Fazit gezogen, indem zum Ausdruck kommt das wir unsere Identität, das Menschsein und unseren Willen nie wirklich fassen werden können, aber wir wenigstens etwas gegen den Empathieverlust der Menschen untereinander tun können, um weitere Konflikte zu vermeiden. Es wird dabei vorgeschlagen, dass wir versuchen sollten, mehr aufeinander zuzugehen und uns gegenseitig mehr zu vertrauen. Zudem müssen wir lernen zu sehen, dass die biochemischen Vorgänge in unserem Körper ein Teil von uns sind, uns aber nicht gänzlich ausmachen, weswegen wir mit eben genannten Verhaltensweisen dem Negativem im Menschen entgegenwirken können.
Allgemein kann man sagen, dass das Theaterstück „Mnemon“ auf kreative und abwechslungsreiche Art und Weise, auch Zuschauern ohne Vorwissen, philosophische Themen, mit besonderem Fokus auf das Gehirn, leicht verständlich nähergebracht hat. Dabei hat besonders die Interaktion mit Publikum, Bühne und Requisiten, von Seiten der Darsteller, für ein außergewöhnliches Erlebnis gesorgt. Insgesamt ist auch noch positiv hervorzuheben, dass das Fazit am Ende, indem wir als Menschen direkt angesprochen wurden, zum Nachdenken angeregt und uns gezeigt hat, dass wir aktiv etwas gegen den Verlust der Empathie untereinander tun können.